Chip und Chap in Tarnefitz

Zutraulich, aber nicht verschmust, sind die neun Waschbären, die auf dem LilaLebensHoff in Tarnefitz leben.

Zusammengekuschelt liegen die beiden Hörnchen in der Transportbox. Ihr Fell beginnt gerade erst zu wachsen, die zarten Pfötchen umschließen den langen, noch dünnen Schwanz. Chip und Chap sind Geschwister und der neueste Zugang auf dem LilaLebenshoff. Ihr Kobel war abgestürzt, die Mutter kam nicht mehr zurück. Der Eichhörnchen-Notruf bat Susanne Hoff um Hilfe. Sie ist seit vier Jahren Anlaufstelle im Netzwerk. Sie pflegt die Tiere, päppelt sie auf und vermittelt sie. Auch für Chip und Chap wurde eine Anlaufstelle gefunden. Sobald sie aus dem Gröbsten raus sind, ziehen sie um auf Gut Wittenmoor bei Stendal. 

Der Hof in Tarnefitz ist für viele der dort lebenden Tiere ihr erste Anlaufstelle und gleichzeitig die letzte. Auf dem Lebenshoff dürfen die Tiere alt werden. Es ist eine Umgebung ohne Leistungsdruck, Schlachtabsichten und Zuchtgedanken. 

Vor 12 Jahren zog Susanne Hoff mit ihrer Familie auf das weitläufige Gelände, um später ihren Traum zu verwirklichen: Ein Heim für Tiere – für verwaiste, kranke und alte, die keiner mehr haben möchte, nirgendwo hin passen oder für manche Menschen „überflüssig“ geworden sind. 

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So leben zwei Seniorenhennen nach Schlaganfall und Verletzungen zusammen in einem eigenen Bereich, weil sie nur noch miteinander klar kommen. Einohrhase, deren Ohr versehentlich beim Putzen von der Mutter abgebissen wurde, hat kein Ausstellungspotential mehr und fand so den Weg hierher. Zwergseidenhahn Einstein war das fünfte Rad am Wagen und kräht nun in Tarnefitz. Alte Hennen, junge Gänse und die Schweinebande (Apple, Peach und Cherry) leben gemeinsam mit Ziege Flocki und Bock Schlappi.

Viele von den über 80 Tieren auf Susannes Hof haben einen dramatischen Lebensstart hinter sich. Die gelernte Tierarzthelferin hat sie aufgepäppelt, versorgt und fuhr bei Bedarf mit ihnen zum Tierarzt. So wurden aus kleinen Flaschenkindern, große, anhängliche Schmuser.

Zutraulich, aber nicht verschmust, sind die neun Waschbären. Viele von ihnen hat man am Straßenrand aufgelesen, weil ihre Mutter totgefahren wurde. Die gechipten und geimpften Tiere leben in einem extra großen und gesicherten Gehege mit Nestschaukel, Waschbärburg und Kletterseilen. „Sie werden nicht mehr ausgewildert. Sie würden in der Natur nicht mehr überleben“, erklärt Susanne Hoff.

Sie ist Mutter von vier Kindern, Ehefrau und Berufstätige. Um dazu so ein Unterfangen den Lebenshoff  zu managen muß man pragmatisch, idealistisch und tierlieb sein. Woher sie letzteres hat? Wohl von der Oma, die sie nie kennenlernte, meint sie. Es wurde ihr erzählt, dass sie ebenfalls viele Tiere gepflegt hatte. Schon im Kindesalter rettete Susanne Froschlaich aus Pfützen und quartierte sie in die Regentonne ein und zog Schwalben im Kinderzimmer groß. Da lag es dann nah, später eine Ausbildung zur Tierarzthelferin zu machen.

Vor vier Jahren gründete die 36-Jährige den Verein LilaLebenshoff mit dem Ziel, Tiere aufzunehmen und zu pflegen und als Begegnungsstätte zwischen Mensch und Tier zu agieren. So ist geplant Kindergeburtstage zu veranstalten und Führungen anzubieten bei denen Interessierten Einblicke in das Leben der Tiere erhalten. Auch Begegnungsarbeit zwischen Menschen mit Handicap und den Tieren kann sie sich vorstellen.  Sie möchte gern aufklären über die Individualität der Tiere und so unter anderem erreichen, dass Tiere mehr wertgeschätzt werden.

Ein kleiner Baustein dazu, sind Tierpatenschaften. Wer Interesse an Einstein, Einohrhase oder Bock Schlappi hat, kann sich gerne melden, bietet sie an. Melden kann sich auch ein Tierarzt, der vor Ort von Schwein, über Pferd bis Waschbär alles versorgen kann. Milchersatzpulver für die Hörnchen, Hundefutter für die Waschbären oder Spenden, damit alle 14 Tage der Heuballen anrollt, sind ebenfalls gern gesehen. Kontakt  über Facebook  „LilaLebenshoff-eV“

 

Erschienen in der Stadtspiegel online-Ausgabe Juni 2022