Otto Reutter: Ein Denkmal wird 20

Die Otto-Reutter-Statue in der Innenstadt wurde am 26. Oktober 2002 enthüllt / Foto: Hansestadt Gardelegen

Von Rupert Kaiser.

Mir scheint er ein bisschen zu lang geraten. Und als ich das einer der letzten jener Damen, die ihn noch gekannt haben, sagte, bestätigte sie meine Meinung. „Da haben Sie ganz recht. So lang war der Otto nicht. Und so dünn auch nicht.“

Fast auf den Tag genau seit 20 Jahren schreitet Otto Reutter nun durch die Fußgängerzone. In bronzener Gestalt. Inmitten seiner Gardelegener, zu denen er ein durchaus ambivalentes Verhältnishatte. Obwohl er auf seinen ureigensten Wunsch in Gardelegen begraben werden wollte.

26. Oktober 2002. Erst ein halbes Jahr zuvor war der neue Roland geweiht worden. Und nun stand schon wieder eine Denkmalsweihe ins Haus. Und zwar mit ganz großem Bahnhof.

Doch fangen wir mit dem Anfang an. 1919 schrieb Otto Reutter eines seiner berühmtesten Couplets. Das heißt „In fünfzig Jahren ist alles vorbei“. Eine der insgesamt 15 Strophen geht so:

„Und preist man dich: Ewig unerreicht. / Zehn Jahre später: Dein Ruhm erbleicht. / In zwanzig: Kaum hundert loben dich. / In dreißig: Ein Dutzend erinnert sich. / Dann nennen noch dreie dich oder zwei. / Und in fünfzig Jahren ist alles vorbei.“

In der Tat: Gardelegen tat sich schwer, seinen größten Sohn in Denkmalsform zu ehren. Zwar kam es nicht dazu, dass schon zu Lebzeiten an seinem Geburtshaus in der Sandstraße eine Tafel des von ihm befürchteten Inhalts „Das Beschmutzen dieses Ortes ist bei Strafe verboten!“ enthüllt wurde.

Doch einerseits wurde das Geburtshaus, das die allererste Otto-Reutter-Klause beherbergte, im Februar 1961 ohne Not abgerissen. Das war 30 Jahre nach seinem Tod – „ein Dutzend erinnert sich“.

1981 wurde ein Findling zum Gedenken an Otto Reutter aufgestellt. An einem nach ihm benannten Platz weit außerhalb der Innenstadt. Auslöser war wohl die Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft, die dort Neubauten des DDR-Wohnungsbauprogramms errichtete.

Inschrift: „Gräme dich nicht.“ / „Ich bin ein Optimiste!“ / Zum Andenken / an den großen Künstler / Otto Reutter / 1870-1931 / 18.
Juni 1981.

Ein paar Jahre danach entstand auf dem Holzmarkt ein sogenannter Otto-Reutter-Brunnen. Die gute Absicht der Stadt, hier durch das Aufstellen von Bänken unter alten Bäumen eine Art Klönecke zu gestalten, scheiterte am Vandalismus. Der feierte hier von Anfang an fröhliche Urständ’.

April 2000. Anlässlich von Reutters 130. Geburtstag erschien in der Regionalpresse ein fiktives Interview mit dem berühmtesten Sohn der Stadt. Auslöser war der Verein für Kultur- und Denkmalpflege Gardelegen.

Der legte Reutter den Wunsch nach einem „richtigen“ Denkmal in den Mund – und einen Spendenaufruf noch dazu. Der löste eine ungeheure Resonanz aus.

Und dann ging alles ganz schnell. Der Magdeburger Heinrich Apel, einer der namhaftesten Bildhauer im Osten, hatte freie Kapazitäten und schuf ein wunderschönes Denkmal. Das wurde am 26. Oktober 2002 mit besagtem großen Bahnhof in der Ernst-Thälmann-Straße eingeweiht.

Heinrich Apel war dabei, der Reutter-Interpret Walter Plathe, die Leute vom Denkmalpflegeverein und viele, viele Gardelegener. Otto Reutter hatte endlich seinen Platz gefunden.

Mir freilich scheint er ein bisschen zu lang geraten. Aber wenn man bedenkt, dass dieser Gardelegener es geschafft hat, die Menschen in (meist) schweren Zeiten lachen zu machen, dann kann er doch eigentlich gar nicht lang genug sein …

 

 

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